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Welche Schmerzmittel bei Waldenström?

Diese Frage wurde gestellt. Ich nehme nahezu keine Schmerzmittel, unabhängig vom Waldenström. Meist versuche ich, Schmerzen mit Wärme zu behandeln. Habe ich Zahnschmerzen und komme nicht schnell zu einem Zahnarzt, dann sind eine Nelke oder Nelkenöl zu empfehlen.


Da Menschen mit Waldenström Makroglobulinämie (WM) eine besondere Vorsicht bei der Auswahl von Schmerzmitteln walten lassen müssen. Die Antwort ist jedoch nicht pauschal, sondern hängt stark von der individuellen Situation ab.

Der folgende Artikel dient der Information und ersetzt keinesfalls das Gespräch mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer Ärztin. Besprechen Sie die Einnahme von Schmerzmitteln immer mit Ihrem Behandlungsteam.

Das Hauptproblem bei der WM ist die erhöhte Blutviskosität (Eindickung des Blutes), die durch das übermäßige IgM-Protein verursacht wird. Bestimmte Schmerzmittel können dieses Risiko weiter erhöhen oder andere, für WM-Patienten relevante Risiken bergen.

Hier ist eine Übersicht über Schmerzmittelgruppen und ihre Bedenklichkeit bei WM:

1. Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) – Besonders kritisch

Beispiele: Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen, ASS (Acetylsalicylsäure) in höherer Dosierung.

Warum problematisch:

  • Blutungsrisiko: NSAR hemmen die Thrombozytenfunktion (Blutplättchen). Da bei WM-Patienten oft auch eine Thrombozytopenie (Mangel an Blutplättchen) vorliegen kann, wird die Blutgerinnung doppelt beeinträchtigt. Dies erhöht das Risiko für Blutungen, insbesondere im Magen-Darm-Trakt, erheblich.
  • Nierenschädigung: NSAR können die Nierenfunktion verschlechtern. Die Nierenfunktion muss bei WM-Patienten ohnehin sorgfältig überwacht werden.

Fazit: NSAR sollten bei WM sehr zurückhaltend und nur in Rücksprache mit dem Arzt eingesetzt werden, insbesondere wenn Thrombozytenwerte niedrig sind oder eine Blutungsneigung besteht. Sie sind oft keine gute Wahl.

2. Acetylsalicylsäure (ASS) in niedriger Dosierung

Beispiel: Aspirin

Verwendung: zur Blutverdünnung (z. B. bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen).

Bewertung: Auch niedrig dosiertes ASS hemmt die Thrombozyten. Die Entscheidung, ob ASS bei einem WM-Patienten notwendig ist (z. B. nach einem Stent), muss der Kardiologe oder Hämatologe sehr sorgfältig unter Abwägung des Nutzens (Schutz vor Thrombose) und des Risikos (erhöhte Blutungsgefahr) treffen. Eine eigenmächtige Einnahme ist gefährlich.

3. Paracetamol – Oft die erste Wahl, aber mit Einschränkungen

Beispiel: Paracetamol.

Bewertung:

  • Vorteil: Paracetamol hat keine nennenswerten Auswirkungen auf die Blutgerinnung und ist in dieser Hinsicht deutlich sicherer als NSAR.
  • Nachteil: Es besteht ein Risiko für Leberschäden bei Überdosierung oder bei vorbestehenden Leberproblemen. Da die Leber bei WM-Patienten belastet sein kann, muss die Dosierung streng eingehalten und die Leberfunktion regelmäßig kontrolliert werden.

Fazit: Paracetamol ist bei leichten bis mäßigen Schmerzen oft das Mittel der ersten Wahl, sollte aber ebenfalls nur in Absprache mit dem Arzt und in der niedrigst wirksamen Dosis eingenommen werden.

4. Stärkere Schmerzmittel (Opioide)

Beispiele: Tramadol, Tilidin, Morphin, Oxycodon.

Bewertung: Opioide sind bei starken Schmerzen wichtige Medikamente.

  • Vorteil: Sie haben keine negativen Auswirkungen auf die Blutviskosität oder die Blutgerinnung.
  • Nachteil: Sie haben typische Nebenwirkungen wie Verstopfung (Obstipation), Übelkeit und Müdigkeit. Verstopfung kann bei WM-Patienten, die vielleicht schon durch die Erkrankung oder andere Medikamente belastet sind, ein signifikantes Problem darstellen.

Fazit: Bei starken Schmerzen, die mit Paracetamol nicht beherrschbar sind, sind Opioide eine notwendige und geeignete Option. Die Nebenwirkungen müssen aktiv behandelt werden (z.B. mit Abführmitteln).

Zusammenfassende Empfehlung

Schmerzmittelgruppe Beispiele Empfehlung bei WM Hauptgrund
NSAR Ibuprofen, Diclofenac Vermeiden oder nur nach strenger ärztlicher Rücksprache Erhöhtes Blutungsrisiko, Nierenschädigung
Paracetamol Paracetamol Oft erste Wahl, mit Vorsicht Kein Einfluss auf Gerinnung, aber Risiko für die Leber
Opioide Tramadol, Tilidin Sichere Option bei starken Schmerzen ein Einfluss auf Gerinnung/Viskosität, aber Nebenwirkungen
Niedrig-dosiertes ASS Aspirin® protect Nur bei klarer Indikation nach Nutzen-Risiko-Abwägung Hemmung der Thrombozyten, Blutungsrisiko

Das Wichtigste zum Schluss:

1. Ärztlichen Rat einholen: Sprechen Sie mit Ihrem Hämatologen, bevor Sie irgendein rezeptfreies oder verschreibungspflichtiges Schmerzmittel einnehmen. 2. Ursache der Schmerzen klären: Es ist wichtig, die Ursache der Schmerzen abzuklären. Schmerzen können auch direkt durch die WM verursacht werden (z.B. Knochenschmerzen) und erfordern dann eine spezifische Therapie der Grunderkrankung. 3. Individuelle Faktoren: Die Entscheidung hängt von Ihren aktuellen Blutwerten (Thrombozyten, IgM), Ihrer Nieren- und Leberfunktion sowie von anderen Begleiterkrankungen und Medikamenten ab.

Fazit: Bei WM ist Paracetamol oft die beste Wahl für leichte Schmerzen, während für stärkere Schmerzen Opioide zum Einsatz kommen. NSAR wie Ibuprofen sollten aufgrund des Blutungsrisikos gemieden werden. Die endgültige Entscheidung trifft jedoch immer Ihr behandelnder Arzt.

Quellen

📚 Fachliteratur & Leitlinien

Onkopedia Leitlinie Morbus Waldenström – Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO).

Eichenauer DA, et al. Supportive Care in Hematologic Malignancies. *Hematology/Oncology Clinics of North America.* 2020.

DGHO Leitlinie Supportive Therapie bei onkologischen Erkrankungen (inkl. Schmerzmanagement und Gerinnung).

UpToDate:

  • „Waldenström macroglobulinemia: Treatment and prognosis“
  • „Cancer pain management: Use of nonopioid analgesics“
  • „NSAIDs: Risks and benefits in patients with hematologic malignancies“

💊 Medikamenten-spezifische Informationen

  • Paracetamol: Deutsche Arzneimittelkommission der Ärzteschaft (AkdÄ) – sichere Anwendung bei Tumorpatienten.
  • NSAR: Fachinformationen zu Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen; bekanntes Risiko für Blutungsneigung & Nierenschäden.
  • Metamizol (Novalgin®): Rote-Hand-Brief BfArM (2018) – Risiko Agranulozytose.
  • Opioide: WHO-Stufenschema zur Schmerztherapie in der Onkologie.

👉 Zusammengefasst:

  • Paracetamol gilt meist als sicher.
  • NSAR sind problematisch bei Thrombozytopenie & unter Ibrutinib/Zanubrutinib.
  • Metamizol wirksam, aber Blutbildkontrolle erforderlich.
  • Opioide sind bei Bedarf Standard in der onkologischen Schmerztherapie.
schmerzmittel.txt · Zuletzt geändert: von roger